Be­reits seit dem 7. Jahr­hun­dert schlies­sen sich Bau­ern zu Ge­nos­sen­schaf­ten zu­sam­men, um Al­pen, Wal­dun­gen und Län­de­rei­en ge­mein­schaft­lich zu nut­zen. In ih­rer heu­ti­gen Form be­steht die Ober­all­meind-Ge­nos­sa­me In­gen­bohl seit 1882.

Die Oberallmeind-Korporation im Mittelalter

Be­reits im 7./9. Jahr­hun­dert ha­ben sich die frei­en Bau­ern zu March­ge­nos­sen­schaf­ten zu­sam­men­ge­schlos­sen um die Al­pen, Wal­dun­gen und Län­de­rei­en (All­mein­den) ge­mein­schaft­lich zu nut­zen. Aus die­sem Zu­sam­men­schluss ist, be­legt durch ein Do­ku­ment vom 10. März 1114, die Ober­all­meind-Kor­po­ra­ti­on (OAK) ent­stan­den. Die­se Kor­po­ra­ti­on hat­te den Zweck, die ge­nos­sen­schaft­lich ge­nutz­ten Län­de­rei­en ge­recht zu ver­wal­ten. Da­mit die­ses Ziel er­reicht wer­den konn­te, hat­te die dem öf­fent­lich-recht­li­chen Recht un­ter­ste­hen­de Kör­per­schaft ei­ge­ne Ge­set­ze, Ver­ord­nun­gen und Vor­schrif­ten er­las­sen. Es wur­de da­bei un­ter­schie­den zwi­schen Land­leu­ten (Mark- oder Ge­nos­sen­bür­gern) und im Lan­de woh­nen­de Nicht­land­leu­te. Auch die Ge­richts­bar­keit wur­de in ei­ge­ner Re­gie ge­führt. An den jähr­li­chen Zu­sam­men­künf­ten (Lands­ge­mein­den) wur­de über das Land­recht und über das All­mein­d­recht ent­schie­den.

Staatsarchiv Schwyz

Zwischenzeitliches Verschwinden der Korporationen

Mit der Französischen Revolution verschwanden die bestehenden Korporationen als Folge des damaligen Einheitsstaates. In der Zeit der Mediation und Restauration wurden dann die alten Rechte zum grossen Teil wiederhergestellt. Im Jahre 1798 kam es zum sogenannten Beisassenstreit, der eigentlich auch heute noch andauert. Diese Beisassen erhielten zwar die politischen Rechte, waren aber von der gemeinsamen Nutzung der Allmeindgüter ausgeschlossen. Dabei kam es zur grotesken Situation, dass Nichtgenossen dank ihren politischen Rechten über die Genossengüter bestimmen konnten. Im Jahre 1836 wurden sowohl an der Oberallmeind- wie an der Unterallmeindgemeinde sowie an der Bezirkslandsgemeinde Anträge zur Ausscheidung des Korporationsgutes genehmigt und ratifiziert.

Staatsarchiv Schwyz

Der Hörner- und Klauenstreit

Aber schon 1838 wurde die politische Erregung im Kanton erneut gross. Anlass war der sogenannte „Hörner- und Klauenstreit“. Es ging dabei um das Recht, dass „nichtauftreibende Allmeindgenossen“ (Klauenmänner) den grossen Viehbesitzern (Hornmänner) gleichgestellt werden sollten. Das Auftriebsrecht sollte auf alle Genossen gleichmässig, nach Klauen gerechnet, zugeteilt werden. Wer das Auftriebsrecht nicht selber brauchte, hätte dieses frei verkaufen können. Die berühmt-berüchtigte Landsgemeinde vom 6. Mai 1838 artete in eine wüste Schlägerei aus und erst eine, durch die Eidg. Tagsatzung einberufene neue Landsgemeinde am 22. Juli 1838 konnte diesen Streit, mit einem Sieg der „Hornmänner“, vorläufig beenden. Trotz dieser Entscheidung kehrte keine Ruhe ein und alles trieb auf die Aufteilung des Besitzes der Oberallmeind-Korporation zu. Dies geschah dann auch am 15. Oktober 1882.

Die Entstehung der Genossame Ingenbohl

Die Entstehung der Genossame Ingenbohl, als eine altrechtliche selbständige Körperschaft, basiert auf dem Teilungs-Beschluss der Landsgemeinde vom 15. Oktober 1882. In einem umfangreichen Vertragswerk wurden ihr Alpen im Muotathal, im Riemenstaldnertal und am Urmiberg sowie grosse Ländereien in der Gemeinde Ingenbohl fest zugeteilt. Durch die Ablösung der holzberechtigten Servitute im Jahre 1927 ist sie auch in den Besitz von Waldungen auf dem Gebiete der Gemeinde Ingenbohl gekommen. Dieses Grundeigentum bildet das Vermögen der Genossame Ingenbohl. Es soll nach den Teilungsgrundsätzen von 1882 als unverteiltes Gut erhalten und wenn möglich vermehrt werden.

Die Frauen erkämpfen sich ihr Recht

Wer in Zu­kunft ei­nen An­teil an der ge­mein­sa­men March oder am Ge­winn aus der Nut­zung des Ver­mö­gens ha­ben woll­te, muss­te die wich­tigs­te Be­din­gung er­fül­len: Er muss­te Land­mann und aus frei­em, al­tem Schwy­zer Ge­schlecht sein. Die OAK bil­lig­te die­ses Recht, das aber nur über die „männ­li­che Li­nie“ wei­ter­ge­ge­ben wer­den konn­te, 97 aus­ge­wähl­ten „al­ten“ Ge­schlech­tern zu. Wei­ter wur­de das Bür­ger­recht in ei­ner der 15 Ge­mein­den des Be­zir­kes Schwyz ver­langt und das 18. Al­ters­jahr muss­te er­füllt sein. Man hat in die­sem Zu­sam­men­hang des­halb auch von ei­ner „Ge­schlech­ter-Kor­po­ra­ti­on“ ge­spro­chen. Die Auf­nah­me der Frau­en als gleich­be­rech­tig­te Kor­po­ra­ti­ons­bür­ge­rin­nen durch die aus­ser­or­dent­li­che Ober­all­meind-Ge­mein­de er­folg­te am 2. Mai 1993.

Im Jah­re 2004 ha­ben ei­ni­ge Frau­en ei­ner rei­chen, dörf­li­chen Ge­nos­sa­me beim Re­gie­rungs­rat we­gen „Nicht­ein­hal­tung des Gleich­be­rech­ti­gungs­ar­ti­kel­s“ in den Ge­nos­sa­me­sta­tu­ten Kla­ge ein­ge­reicht und ver­langt, dass auch weib­li­che Per­so­nen das Recht der Wei­ter­ga­be der Mit­glied­schaft ha­ben müs­sen. Nach­dem der Re­gie­rungs­rat die Kla­ge ab­ge­wie­sen hat, wur­de die­se durch die Be­schwer­de­füh­re­rin­nen an das Ver­wal­tungs­ge­richt wei­ter­ge­zo­gen. Das Ver­wal­tungs­ge­richt und im Jah­re 2006 das Bun­des­ge­richt ha­ben den Klä­ge­rin­nen Recht zu­ge­spro­chen. Ge­stützt auf die­sen Ent­scheid muss­ten auch die Sta­tu­ten der OAK die­ser neu­en Rechts­spre­chung an­ge­passt wer­den. In sei­nem Ur­teil hält die höchs­te Ge­richts­in­stanz der Schweiz fest, dass in Zu­kunft auch die „weib­li­che Li­nie“ das Recht der Mit­glied­schaft wei­ter­ge­ben kann. Die­ses neue Auf­nah­me­kri­te­ri­um der OAK Schwyz, dass die di­rek­te Ab­stam­mung von ei­nem männ­li­chen oder weib­li­chen Kor­po­ra­ti­ons­mit­glied ver­langt, gilt des­halb seit dem 1. Ja­nu­ar 2006. Die­ser Ent­scheid muss­te an­schlies­send auch von den dörf­li­chen Ge­nos­sa­men um­ge­setzt wer­den.

Wichtiger Partner für die Entwicklung der Region

Seit dem Erreichen der Selbständigkeit 1882 wurden mehr als 250'000 m2 Land an die öffentliche Hand für bauliche Zwecke veräussert oder zur Verfügung gestellt. Dazu kommen noch umfangreiche Verkäufe an Private, was für die Entwicklung der Gemeinde Ingenbohl von entscheidender Bedeutung war. Diese Landverkäufe konnten bis zum Jahre 1991 durch getätigte Landzukäufe meistens ausgeglichen werden. In den letzten 40 Jahren wurde der Geschäftsbereich der Genossame Ingenbohl durch den Bau und den Kauf von Häusern diversifiziert, sodass heute ein ansehnlicher Gesamtbesitz mit einem guten Ertrag vorhanden ist. Land, das nicht für bauliche Zwecke genutzt wird, kann von den in der Gemeinde ansässigen Bauern zu günstigen Bedingungen als Pachtland benutzt werden. Diese landwirtschaftlich genutzte Fläche beträgt mehr als 367`875 m2. Somit kann gesagt werden, dass die Genossame Ingenbohl einen wesentlichen Beitrag für die Entwicklung und das Gedeihen der Gemeinde Ingenbohl geleistet hat und das auch heute noch tut.